Ron Pope, Artheater Köln 23.09.2023„Nashville Vibes in Köln-Ehrenfeld“

Das Tourleben nach der Corona-Pandemie hat sich verändert. Vor allem für die Bands und Musiker aus Übersee scheint es nicht mehr so einfach zu sein, in Europa zu touren. Ron Pope und seine Band, das sind die Sängerin/Violistin Lydia Luce und Gitarrist/Banjospieler Dave Hammer sind in einem Wohnmobil mit Fahrer und zwei Crew-Mitgliedern unterwegs. Schon wegen des Platzmangels ist das Equipment begrenzt. Die Shows werden nahezu „unplugged“ mit Gitarre, Violine, Banjo und Piano gespielt. Auch wenn alle betonen, dass sie ihre Familien vermissen, scheint ihnen die Art des Reisens großen Spaß zu machen. Ron Pope hat mit dem Song „A Drop in the Ocean“ den internationalen Durchbruch geschafft. Er hat seitdem eine Vielzahl von Alben und fast unzählige Songs veröffentlicht, zuletzt das Album „Inside Voices“ (2023). Mit Dave Hammer und mit Lydia Luce ist er gut befreundet. Die Show im gut gefüllten Artheater ist die letzte Station der Tour in Deutschland.


Um Punkt 19:30 Uhr betritt dann Lydia Luce aus Nashville die Bühne. Sie beginnt ihren Auftritt mit einem sehr gefühlvollen Frankie Valli-Cover („I can’t take my Eyes off you“), bevor sie ihre eigenen Songs präsentiert, und die sind beeindruckend! Etwa „Occasionly“ vom Album „Dark River“ (2021), mit dem sie ein für sie traumatisches Ereignis verarbeitet. Ihr Haus in Nashville fiel im März 2020 einem Hurrikan zum Opfer, als sie sich dort aufhielt. Sie spricht offen über ihr Leben, über Trennung und Heirat, Paar- und Einzeltherapie und einen wichtigen Teil in ihrem Leben, einem Australian Shepherd. Das alles kommt sehr authentisch rüber. Die Verbindung zum Publikum steht sofort.

 

Als sie dann „Sausalito“ spielt, nur begleitet von Dave Hammer an der Gitarre, dann ist einer der Höhepunkte des Abends erreicht. Lydia Luce veröffentlicht gerade ihr neues Album „Florida Girl“. Wir dürfen uns freuen!
Auch Ron Pope startet seine Show mit einem Cover, und zwar „I’m on Fire“ von Bruce Springsteen. Er wird Songs von seinem neuen Album und einige Klassiker spielen. Er wird auch viel aus seinem Leben erzählen und singen, von seinem Dasein als Ehemann und Vater einer fünfjährigen Tochter und seiner nun schon 20-jährigen Freundschaft zum Gitarristen Dave Hammer. Vom neuen Album „Inside Voices“ spielt er etwa „Body Language“, „The real Thing“ und „The good old Days“. Im letzten Stück beschreibt er, wie er versucht, möglichst viel von der Zeit des Aufwachsens seiner Tochter mitzuerleben. Die Stücke werden begleitet vom gekonnten Einsatz der Violine von Lydia Luce und vom wohl dosiertem Banjo-Spiel von Dave Hammer. Die Stücke erhalten auf diese Weise einen schönen „Nashville-Sound“. Diese Instrumentierung der Stücke kommt bei mir viel besser an als die im Studio eingespielten Versionen des Albums.

 

Mich beeindruckt, wie textsicher das Kölner Publikum auch bei den neuen Stücken bereits ist. Herauszuheben ist dann noch die Version von „Fireflies“ vom Album „Daylight“ (2008). Er erzählt, dass er in seinen anderen Jobs als Türsteher in einem Jeansshop und als Servicekraft in einem Diner im 50er-jahre-Stil kläglich versagt hatte, als seine Eltern ihn dringend ermahnen wollten, einen „richtigen Job“ zu erlernen. Er spielte ihnen zu Hause am Klavier „Fireflies“ vor und sie gaben ihm noch weitere sechs Monate, um als Musiker Fuß zu fassen. Der Rest ist Geschichte! Ganz zum Schluss spielen sie dann „A Drop in the Ocean“ seinen Megahit. Das Publikum singt das gesamte Stück begeistert mit. Allein wegen dieses Stücks hätte sich das Kommen heute Abend gelohnt! Keine Zugabe. Ende. Aus. Applaus.
 
Thomas Höhner