„Posen“ im ZAKK

„Die Sterne“ beim Lieblingsplatte-Festival 2018

 

von Andrej Schenk

„Die Sterne“ füllen den Saal des ZAKK wie kein anderer Act des Lieblingsplatte-Festivals 2018. Eigentlich kein Wunder, denn ihr Album „Posen“, welches an diesem Tag im ZAKK gespielt wird, betrachtet man doch gerne – auch außerhalb des Festivals – als eine der wichtigsten deutschen Platten der letzten 20 bis 30 Jahre. Zumindest in Hamburg. „Die Sterne“ sind nicht nur die Mitbegründer der sogenannten „Hamburger Schule“, sondern waren auch richtungsgebend für den deutschen Indiesound per se. Daher hat die Band um Frank Spilker nun mal Gewicht und hebt sich schon dadurch hervor, dass sie als einzige Band des Festivals nicht mit Tracks des angekündigten Albums beginnt, sondern zunächst mal die früheren bzw. späteren Songs wie „Die Interessanten“ oder „Widerschein“ spielen, bevor sie zum Hauptgang kommen.

 

„Die Sterne“ waren zwar soundtechnisch nie besonders komplex aber stets abwechslungsreich und experimentierfreudig – und dadurch in den späten 90ern und frühen 2000ern so innovativ. All das was später zum Markenzeichen des deutschen Indierocks wurde, war auf „Posen“ bereits instrumentalisiert.

 

Die Mischung aus Garagenrock, Funk und Ironiepop, mit späteren Dance-Experimenten und HipHop-Einflüssen, war schon immer ein musikalischer Tanz auf Messers Schneide um die Gunst der Fans der jeweiligen Richtungen. Aber vielleicht hat auch gerade das der Band (und der Hamburger Schule an sich) dabei geholfen so viele Anhänger zu finden und so viele Musiker nachträglich zu beeinflussen. Ein Sound, der sich vielerlei Sparten bedient, sodass sowohl das Gefolge der „Absoluten Beginner“, als auch ein „Tocotronic“-Fan etwas damit anfangen kann. Dazu kommen Texte, die zwar mit dem Satz „zwischen dem Politischen und dem Persönlichen“ schon totbeschrieben worden sind, aber dennoch intelligent und selbstironisch genug sind, um weder in der (zugegeben, wunderschönen) Metaphernakrobatik von „Element of Crime“ verloren zu gehen, noch in der (zugegeben, unerträglichen) Schalala-Stupidität der „Sportfreunde Stiller“ zu landen. Es ist die Musik eines netten Hochschulabsolventen mit mieser Laune und Nihilismus im Blut.

 

Abwechslung ist das Stichwort für das Programm auf der Bühne. Klassisch repetitive Riffs des Garagen-Rock bei „Die Interessanten“ lassen dank ihrer Simplizität Raum für Sprachspielereien und wechseln sich mit den völlig textbefreiten, klaren Funk-Vibes von „Frank Orgel“ ab. All das liefern Spilker, Wenzel & Co auf der Stage. Abwechslung halt. Wobei die Funkbeats im leicht vertrippten, jedoch stets harmonischen Synthie-Arrangement deutlich überwiegen – immerhin sind sie in gewisser Weise das Markenzeichen der „Posen“-Platte. Genauso harmonisch wie die Instrumente, scheinen auch die Musiker selbst zu sein. Daher wird auch ein verpasster Einsatz locker weggelächelt. So etwas greift auch auf das Publikum, in dessen Altersbilanz zwischen 20 und 40 alles präsent ist, positiv über. Wenn also die ganz großen Hits – wie die inoffizielle Anti-Leitkultur-Hymne „Scheiss auf deutsche Texte“ – ausgepackt werden, skandiert das gesamte Publikum, jung und alt, das altbekannte Intro mit: „Sie waren anfangs alle erst so nett zu mir und wollten auch nur meine Personalien“

 

 

Zum Schluss noch kleines Zusatzschmankerl für alle Vinylfreude und Sterne-Fans: die großartige Platte „Von allen Gedanken schätze ich doch am meisten die Interessanten“, welche anno 1997 vom legendären L’age d’Or-Label verlegt wurde, bekommt im nächsten Jahr eine Neuauflage.