"Castle Rock in Flammen: Superheiße Künstlerinnen rocken die Bühne und lassen die Festung erbeben!" – Ein Festival, das perfekt gelungen ist!"

Hunderttausende Festivalbesucher Menschen packen auch dieses Jahr wieder ihre Zelte und Koffer, um bei einem oder mehreren der großen Festivals dabei zu sein. Die Ticketpreise und auch die übrigen Kosten kennen mittlerweile kaum noch Grenzen nach oben. Man fragt sich, wie lange diese Preisspirale sich noch drehen wird. Viele große Veranstalter setzen auf bekannte Namen, denn mit Headlinern generiert man Kartenverkäufe. Mittlerweile sind die Line-Ups der großen Szenefestivals fast nur noch von den bekannteren Bands besetzt. Wenn die Headlinerliste nicht schneller wechselt, entsteht bekanntermaßen eine gewisse Langeweile. Braucht man dieses System, wovon nur die sehr bekannten Bands profitieren?

Das es auch anders geht, beweisen seit Jahren, die Veranstalter des Castle Rock in Mülheim an der Ruhr.

Die Preise sind zivil, durch die gute Organisation gibt es keine endlosen Schlangen an den Imbiss- und Getränkeständen und die auf vielen Festivals üblichen Toilettenwagen und Dixis, bleiben den Besuchern erspart. Und auch das macht ein Festival zu einem besonderen Festival.  

 

Am 05. und 06. Juli 2019 fand das „Near Castle Festival“ nur wenige Meter vom Schloss Broich entfernt, dass momentan renoviert wird und die Heimstätte des Castle Rock Festivals ist, im angrenzenden MüGa-Park statt.  


Das Ersatzfestival, für das seit 1999 stattfindende Castle Rock, hatte eine Neuerung am Freitag, den „Local Heroes Day“. Der musikalische Akzent am Freitag lag bei Punkrock. Das hat möglicherweise einige regelmäßige Besucher des Castle Rock abgeschreckt ein Festivalticket zu kaufen. Bands wie Die Lokalmatadore haben bereits lange ihren Zenit überschritten und die Herren sitzen heute wahrscheinlich in den gepflegten Vorgärten ihrer blitzsauberen Reihenhäuser und schreiben fleißig die Falschparker in der Siedlung auf. Auf Funpunkkasperkapellen mit Prollattitüde, wie Die Ruhrpottkanaken und Pöbel & Gesocks, sollte das Castle Rock zukünftig verzichten. Auch Double Crush Syndrome hat mit ihrem Besuch im ZDF-Fernsehgarten, besser bekannt als Schlagergarten, möglicherweise für Irritation gesorgt. Schlager heißt nur deshalb so, weil man nach kürzester Zeit des Hörens das dringende Bedürfnis hat, dem Sänger in die Fresse zu schlagen! Wahrscheinlich war das nur ein gescheiterter PR Versuch. In Zeiten der medialen Hegemonie von Facebook und Co. wird man sich leider daran gewöhnen müssen.  


Der Samstag hatte ein Band Line-up, dass auch anspruchsvolle Fans der Metal-, NDH- und Gothic Szene mehr als zufriedenstellen dürfte.

Bereits 2017 gewann die Tübinger Band Circus Of Fools den Newcomer Contest des M’era Luna Festivals und eröffnete das Festival auf der Hauptbühne. Auch beim Near Castle hatte die Band den ersten Slot. Obwohl die Zahl der Besucher vor der Bühne überschaubar war, spielte die Band einen fulminanten Gig. Stellenweise war die Performance etwas überdreht und leider war der Sound nicht optimal. Vielleicht war das auch ein Grund dafür, dass der Funke nicht auf das Publikum übersprang. An der düsteren, melodischen und teilweise partytauglichen Musik von Circus Of Fools hat es definitiv nicht gelegen. Von Cricus Of Fools kann man eine Weiterentwicklung erwarten.

Voodoma aus Düsseldorf sprangen für die aus Krankheitsgründen verhinderte Band The Fright ein. Die 2002 gegründete Dark Rock Band lockte deutlich mehr Zuschauer vor die Bühne. Besonders der Sänger Michael Thionville beeindruckte die Zuschauer mit seinem Können. Die Band begeisterte nicht nur die zahlreichen Fans der Band. Wer Voodoma noch mal oder vielleicht zu ersten Mal erleben möchte, hat dazu die Gelegenheit am 3. August im Düsseldorfer Pitcher.

 

Schattenmann ist eine der vielen neuen und jungen NDH-Bands. Sie bezeichnen Ihren Stil als NDH 2.0. Ex-Stahlmann Gitarrist Frank Herzig bemüht sich, dass Publikum mitzureißen, dass aber gelingt nur zeitweise. Dieser Innovationsversuch ist nur teilweise geglückt. Auch wenn ein hörbarer Industrialeinfluss zu kennen ist, wirkt das Ganze letztendlich konventionell.

Beim Auftritt von Null Positiv kam keine Langeweile auf. Die Band um Sängerin Elli Berlin veranschaulichen, dass deutscher Alternative Metal noch lange nicht überholt ist. Beeindruckend auch der Gesangsstil von Elli Berlin, die zwischen gutturalen und klaren Gesang wechselt, ohne das es einen Störeffekt gibt. Von Zeit zu Zeit erinnern Null Positiv an Bands wie System Of A Down und bei „Friss dich auf“ sind dann auch alle Zuschauer von Null Positiv überzeugt. Die hörenswerte Performance wurde nur durch die zeitweisen Auftritte von zwei leicht bekleideten Gespielinnen geschmälert. Deren Einsätze lenkten unnötigerweise zu sehr vom Wesentlichen – der Musik - ab.

 

Keine brachialen Sounds oder eine übertriebene Show, sondern groovy Melodic-Hard-Rock lieferten Tri State Corner. Das ungewöhnliche an Tri State Corner ist die Instrumentierung. Die Bouzouki, gespielt von Ioannis Maniatopoulos, gibt dem Hardrock der Band einen besonderen Sound. Vor der Bühne war die Zuschauerzahl als übersichtlich zu bezeichnen. Dabei zeigten Tri State Corner Musikalität, viel Spielfreude und zeitweise gute Songs. Ein insgesamt guter Auftritt der Band, der Lust auf mehr macht.  

Das Highlight des Festivals war der Auftritt der norwegischen Gothic-Metal-Band Gothminister. Bjørn Alexander Brem und seine Musiker boten dem Publikum ihren bekannten Sound aus Metal mit Gothic- und Industrialeinflüssen. Leider setzte beim Konzert leichter Regen ein und mancher Festivalbesucher schaute sorgenvoll auf die Warnapp seines Smartphones. Glücklicherweise blieb es nur bei Regen. Unwetterartige Szenarien waren häufiger der Grund den Abbruch oder eine längere Unterbrechung eines Open Air Festivals. Dies blieb den Besuchern erspart. Gothminister spielten bei ihren Auftritt die Songs fast ohne Pause und man konnte von einer professionellen Routine sprechen, bis zu dem Moment als Crematory Sänger Felix Stass die Bühne betrat. Zusammen mit Bjørn Alexander Brem sangen sie Dusk Till Dawn, der wahrscheinlich bekannteste Song von 2008er Album Happiness in Darkness. Damit hätte das Near Castle eigentlich enden können.

Auch der mittlerweile heftige Regen hielt die Festivalbesucher nicht davon ab, den Auftritt des Headliners Stahlzeit zu erleben. Die Rammstein-Tribute-Band ist bekannt für eine gut arrangierte Show, die sehr nah am Original ist. Wer keine Karten für ein Rammsteinkonzert bekommen hatte, bekam somit zumindest einen guten Ersatz geboten. Beim Near Castle Festival traten somit Rammstein-Fans für Rammstein-Fans auf. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.  

Das Gesicht hinter dem Festival - Michael Bohnes

Schattenmann

Null Positiv

Tri State Corner

Gothminister