Motorpsycho, Zakk, Düsseldorf, 11.10.2023„Die Rückkehr der Nordmänner“ von Thomas Höhner

Sie haben in ihrer über 30-jährigen Bandgeschichte schon oft im Zakk gespielt und es sollen immer besondere Shows gewesen sein. Konzerte der norwegischen Band Motorpsycho sind unvorhersehbar und vielseitig wie ihre Musik. Auf Ihren Alben gibt es neben Rock Metal, Jazz, Country, Prog und Folk. Die Songlänge reicht von zwei Minuten bis zu 40-Minuten-Suiten. Ich bin ebenso wie die zahlreich gekommenen „Psychonauts“ gespannt auf die heutige Show. In der aktuellen Besetzung mit Bent Saether (b, g, voc), Hans Magnus Ryan (g,voc) und Tomas Järmyr (dr) haben sie gerade ihr Album „Yay“ (2023) veröffentlicht, das sie heute mit anderen Stücken aus ihrem riesigen Repertoire präsentieren wollen.


20 Uhr. Die drei Nordmänner betreten die Bühne. Auf der Bühne des Zakk sind für die beiden Gitarristen kleine Hocker aufgebaut. Dort nehmen sie nach freudiger und herzlicher Begrüßung durch das Publikum Platz. Es geht also „unplugged“ los. Sie greifen zu ihren akustischen Gitarren. Die Show eröffnen sie mit „Real Again“ von „Yay“, gefolgt von „Mad Sun“ vom Album „Stickin‘ it to you“ (1998). Bent Saeters Stimme gefällt mir. Die folkigen Songs kommen als Einstieg sehr gut rüber. Es folgt „Patterns“ vom neuen Album „Yay“ mit sehr schönen psychedelischen Klangelementen aus der Noisebox von Schlagzeuger Tomas Järmyr. Das akustische Set endet mit zwei Stücken vom Album „Timothy’s Monster (2004). Bei „Now it’s time to skate“ erhält der Song einen wunderschönen Groove durch Järmyrs gefühlvolles Drumming und Ryans gezupften elektrischen Bass. Einen würdigen Abschluss des Sets bietet dann „Feel“, eines ihrer am meisten gestreamten Stücke.


Ich stehe relativ weit vorne rechts vor der Bühne, als sie einstecken und mit dem elektrischen Teil der Show beginnen. Und wie! Sie starten mit „Chariots of the Sun- To Phaeton on the Occasion of Sunrise“ vom Album „Ancient Astronauts“ (2022), einem bereits auf dem Studio-Album über 22 Minuten langen Opus. Das Stück startet mit sphärischen Gitarrenklängen und Gesängen und entwickelt sich langsam und ansteigend zu kraftvoll hämmerndem Rock mit unwiderstehlichen Bass- und Gitarrenläufen. Sie spielen das Stück heute über eine halbe Stunde. Der Ritt durch die verschiedenen Stilrichtungen und Stimmungen verlangt Band und Publikum einiges ab. Nach dem ruhigen akustischen Einstieg drückt mich die Wucht der Musik etwas nach hinten in den Saal.

 

Die langsam ansteigenden Klangwellen durch Bass (teilweise mit Loop gespielt) und zwei Gitarren (Saether spielt eine doppelhälsige Gitarre), Schlagzeug und einer Bastion von Effektgeräten am Boden verursachen derart intensives körperliches und mentales Klangerlebnis, dass ich nach dem ersten Stück etwas benommen in die Runde schaue. Das Publikum liebt es. Es geht auch direkt weiter mit „Sentinals“, einem etwas ruhigeren Stück vom neuen Album, bevor sie eine rockige und harte Version von „Hotel Daedalus“ (auch von „Yay“) spielen, mit weit weniger „Kashmir-Flair“ (Led Zeppelin) als auf dem Studio-Album. Das heutige elektrische Set wartet mit einigen Highlights aus der langen Bandgeschichte auf, etwa „August“ von „Still Life with Eggplant“ (2013), „The Transmutation of Cosmoctopus“ von „Kingdom of Oblivion“ (2021) oder einer sehr heftigen und langen Version von „Starhammer“ von „Heavy Metal Fruit“ (2010). Die Stücke gehen oft ineinander über. Die Band entscheidet scheinbar spontan, in welche Richtung sich die Stücke entwickeln. Ich habe den Eindruck, dass ich mit der Musik verschmelze. Auch jegliches Zeitgefühl ist verloren gegangen. Dieser Zustand wird hervorgerufen durch die Intensität der pumpenden Bassläufe, die sich wiederholenden und doch verändernden psychedelischen Gitarrenriffs, die Eskalationen am Schlagzeug und die wechselnde Untermalung durch die Effektgeräte.

 

Als sie dann mit „Inside Looking out“, einem Cover von den Animals (aber in der Grand Funk Railroad-Variante) das Set beenden, bin ich völlig ermattet und gleichzeitig euphorisiert! Sie spielen noch zwei Zugaben. Wir haben mittlerweile 22:45 Uhr.

 

Die 165 Minuten haben ihre Spuren hinterlassen! Ein außergewöhnlicher Konzertabend, der mir in Erinnerung bleiben wird!