GHOSTWOMAN – Zakk Club, Düsseldorf, 27.06.2024

Suzan Köcher zakk Club, Düsseldorf, 27.06.2024
Suzan Köcher zakk Club, Düsseldorf, 27.06.2024

"Die dunkle Seite der Musik“


Es ist ein heißer Tag in Düsseldorf. Als wir uns vom sonnendurchfluteten Biergarten ins Innere des Clubs begeben, erwartet uns Suzan Köcher in Begleitung ihres Gitarristen Julian Müller. Suzan kommt aus Solingen und hat als „Suzan Köcher’s Suprafone“ bereits zwei Alben veröffentlicht („Moon Bordeaux“, 2017 und „Suprafone“, 2019). Die „alten“ Alben sind musikalisch sehr vielschichtig, weisen schönes Songwriting auf, mit verschiedensprachigen Texten (Anspieltipp „Dandelion Fields vom Debut-Album „Moon Bordeaux). Sie hat sich gerade vor wenigen Tagen mit einer neuen Single („Seventeen“) zurückgemeldet, die musikalisch irgendwo zwischen Indie, Pop und Dream-Folk zu schweben scheint. Das perfekt produzierte Stück macht große Vorfreude auf das im Oktober dieses Jahres erscheinende neue Album. Das heutige Duo wird einige Stücke des neuen Albums spielen. „Seventeen“ steht auch auf der Setlist und kommt live gut rüber. Ich wünsche mir, dass Suzans Stimme etwas lauter ausgesteuert wäre, damit sie besser zur Geltung kommen könnte, aber die beiden überzeugen mich trotzdem. Besonders gefällt mir „Living in a bad Place“ vom neuen Album. Wir hören einen gelungenen Mix aus Pop, Folk, Disco mit einer guten Prise Americana und Psychedelic, was einige Zuschauer zum Tanzen animiert. Die Zeit vergeht wie im Flug. Nach dem letzten Stück wird sogar eine Zugabe verlangt. Was will man mehr? Die ausgedehnte Tour im Herbst mit voller Band sollte man sich nicht entgehen lassen.

GHOSTWOMAN – zakk Club, Düsseldorf, 27.06.2024
GHOSTWOMAN – zakk Club, Düsseldorf, 27.06.2024

Die links und rechts neben der Bühne des zakk-Club aufgebauten Boxentürme lassen vermuten, dass es jetzt lauter werden wird. Ghostwoman sind derzeit Gitarrist und Gründer Evan Uschenko und Schlagzeugerin Ille van Dessel. Im Jahr 2023 veröffentlichten sie zwei Alben, zunächst „Anne If“ und danach „Handsight is 50/50“, mit denen sie jetzt auf Tour sind. Es ist eine spezielle, dunkle Art des Psychedelic Rock mit Elementen von Beat, Punk und Blues. Der Club ist fast dunkel. Die Lichteffekte sind fast stakkatohaft und könnten einem LSD-Trip entstammen. Die Gesichter der Musiker sind nur selten zu erkennen. Diese Stimmung passt zur Musik. Evan wird auch nur wenige Worte an das Publikum richten, in denen er mitteilt, dass es heute die neuen Stücke gibt und wer alte Sachen erwartet, eben Pech hat. Aber was sollen auch unnötige Worte? Die Musik spricht für sich.

Evans Gitarren sind von Beginn an extrem verzerrt. Es gibt Rückkopplungen, Feedback. Vom Computer kommt ein der Bass sowie andere, schwer zu identifizierende Geräusche. Ille van Dessel trommelt sich die Seele aus dem Leib, während ihre Mähne von dem hinter ihr stehenden Ventilator ständig aufgewirbelt wird. So schaffen die beiden eine ohrenbetäubende Soundorgie, die mich irgendwie mitnimmt und erfasst. Wenn nicht die Songs ineinander übergehen, gibt es frenetischen Jubel. Offenbar sind auch alle anderen von der Soundwelle erfasst worden. Jeder Song wird entfremdet, dann aber durch die wunderbar hämmernden Riffs an der Gitarre wieder eingefangen und zurückgeführt. Ich erkenne „Buik“, „Juan“, „Alright, Alright“, „Broke“ und „Highly Unlikely“ vom „Handsight is 50/50“-Album. Besonders freue ich mich über “The End of a Gun” vom “Anne If”-Album, vielleicht meinem persönlichen Highlight. Die Musik ist atemberaubend: ein treibender Beat-Rhythmus mit Rock, Blues, Punk, Psychedelic und Gitarrenläufe, die mich manchmal an Neil Young in seinen härtesten Crazy Horse-Zeiten erinnern, aber irgendwie auch anders. Ghostwoman schaffen eine Art expressionistisches Klanggemälde, das mich alles andere um mich herum vergessen lässt. Nach gut 70 Minuten inklusive Zugabe ist Schluss. Als wir aus der Hitze des dunklen Clubs in das restliche Tageslicht treten, hat es leicht geregnet. Ich fühle mich gut. Danke Ghostwoman!


Thomas Höhner

 

 

 

Suzan Köcher

Ghostwoman