Bright Eyes, Köln, Carlswerk Viktoria, 23.08.2022

 

Conor Oberst ist besonders. Im Alter von damals 13(!) Jahren nahm der Junge aus Omaha, Nebraska, sein erstes Album auf. Seitdem beglückt er uns mit einer großen Zahl musikalischer Projekte mit unterschiedlichsten Musikern und in verschiedensten Stilrichtungen. Im Jahr 2008 wurde er vom Rolling Stone Magazin zum besten Songschreiber gekürt. Die Band Bright Eyes ist vielleicht das Herzstück seines musikalischen Schaffens. Die Band produzierte von 1998-2011 neun Studio-Alben. Oberst entwickelte im Wesentlichen mit den ständigen Bandmitgliedern Nate Walcott und Mike Mogis einen recht einzigartigen Stil von Folk und Indie-Rock, der geprägt ist von seiner unverwechselbaren Stimme und großartigem Songwriting. Die Freude der Fans war groß, als die Band nach fast zehn Jahren Pause im Jahr 2020 ein neues Album vorlegte. Es dauerte weitere zwei Jahre, bis die Band es endlich wieder nach Köln schaffte.

 

Eröffnet wurde der Abend durch das aus Brighton, UK stammende Trio Penelope Isles um das Geschwisterpaar Lily und Jack Wolter. Sie begannen mit eher ruhigen Folk-Songs, wobei mich die Falsett-Stimme von Jack Wolter etwas an Jim James von My Morning Jacket erinnerte. Dann zeigten die drei aber auch andere Seiten. Die Songs wurden härter mit Punk-Elementen und länger mit ausgiebigen psychedelischen Jams, gespickt mit interessanten Klangeffekten aus Jacks Gitarre. Das Bright Eyes-Publikum ist begeistert von so viel Potenzial und ist kurz davor, eine Zugabe zu fordern. Richtig gut!

 

Nach recht langer Umbaupause betrat Conor Oberst mit seinen sieben Mitstreitern die Bühne. Ich habe oft gelesen, dass Konzerte mit Conor Oberst nicht vorhergesagt werden können. Aus USA wird berichtet, dass er im Frühjahr ein Konzert nach zwei Songs abgebrochen und die Bühne verlassen hat. Das passierte hier nicht. Er war sofort am Start. Die Band startete mit  „Sing and Dance“ vom Album „Down in the Weeds, where the World once was“ (2020) . Conor nahm das ersichtlich wörtlich und rannte wild tanzend und gestikulierend über die Bühne. Es wurde auch sofort klar, dass die acht Leute auf der Bühne den Songs eine immense Power geben. Es folgte eine bunte Mischung von Songs vom neuen Album und älteren Stücken aus dem riesigen Repertoire der Band. Vom neuen Album gefielen mir die kraftvolle Version von „Mariana Trench“ und „Tilt-a-Whirl“, dass er über seine Mutter geschrieben hat, die – wie er berichtet- zuhause auf seinen Hund aufpasst. Highlights waren für mich die ruhigeren Songs, wenn seine Stimme und die Gitarre oder das Piano im Vordergrund stehen konnten. Etwa der „Old Soul Song“ vom Album „I’m wide awake, it’s Mornng“ (2005), einem Protest-Song gegen den Irak-Krieg 2003, dessen Botschaft an Aktualität nicht verloren hat oder das wunderschöne „Poison Oak“ vom gleichen Album. Ich dachte während der Show, dass einige Songs die riesige Power der Band mit stampfenden Drums und den pumpenden Bass gar nicht bräuchten. Als wenn er das gehört hätte, setzte er sich ans Piano und setzt mit „Ladder Song“ vom Album „The People’s Key“ einen weiteren letzten Höhepunkt. Als die Band zur Zugabe wiederkommt und Conor mit der Gitarre „First Day of my Life“ vom Album „I’m wide awake, it’s Morning“ anstimmt, wusste ich, dass ich einem besonderen Konzert beiwohnen darf. Nur von Violine, Mandoline und Bass begleitet und mit herrlich trauriger und zerbrechlicher Stimme hören wir eine der Hymnen der Band.  Wie schreibt Birgit Fuss im neuen Rolling Stone so treffend: „Man möchte diesen Hymnen über den Kopf streichen und sie in eine Decke hüllen, aber wahrscheinlich beißen sie.“ Danach noch „I believe in Symmetry“ vom Album „Digital Ash in a Digital Urn“(2005) und dann war Schluß. Ich bin begeistert! Schön, dass sie wieder da sind! Keep on Conor!

 

Thomas Höhner